Cornel Wachter – Schönheitskönigin
Mein Kopftuch
Es ist da und es ist futsch.
Manchmal sitzts,
manchmal verrutscht’s.
Es engt ein und es befreit,
Es ist schön und manchmal hässlich
und dennoch ein Teil von mir.
Es ist da, weil ich es trage,
es ist futsch, weil ich es ablegen kann.
Es engt mich ein, wenn es mir aufgezwungen wird
und befreit, wenn es meine Entscheidung ist.
Es ist schön, wenn sich Menschen die Zeit nehmen,
um den Menschen darunter kennenzulernen und es ist
hässlich, wenn es ausgenutzt wird, um mich zu schwächen.
Aber so oder so, wird es immer ein Teil von mir sein –
ein Teil meiner Herkunft, Kultur, Tradition, Religion.
Wenn nicht am Kopf, dann im Herzen, oder sollte es dort keinen Platz finden,
dann ist es in meiner Erinnerung gut aufgehoben.
Menerva Hammad
Schönheitskönigin nannte Wachter ein Acrylgemälde, dem eine von 39 passbildformatigen Abbildungen einer Umfrage im Menu eines persischen Restaurants in Köln nach den schönsten Bewerberinnen um die Wahl der Miss Iran zugrunde liegt. Sie dürfen sich nicht im Iran zur Wahl stellen, werden nur über das Internet oder Veranstaltungen ausserhalb Irans, zu denen sie offiziell und teilweise mit Unterstützung der Regierung ausreisen dürfen, gewählt. Nur eine der Iranerinnen – für Wachter die mit der natürlichsten Ausstrahlung – war in s/w abgebildet. Sie trug ein Kopftuch, ohne das sie gesichtslos schien (wie im zweiten Bild, Kopftuchurteil). Damit kam die Frage, warum man es in Deutschland nicht jedem selbst überlassen will, wie man seine Religiosität versteht und leben will, wie man sich kleidet, ohne dabei vom Gesetzgeber bestimmte Auflagen erfüllen zu müssen. Warum es nicht allein in der eigenen Verantwortung liegt, sich für oder gegen ein Tuch zu entscheiden.
Das sogenannte Kopftuchurteil hat Wellen geschlagen. Die Debatten haben gezeigt, dass es um mehr geht als nur um die weltanschauliche Neutralität des Staates, um mehr als Religion und Staat, um den Islam und den Westen z.B., um die Frage von Integration oder Assimilation unserer muslimischen Mitbürger/innen, nach dem Motto: "Muezzin: nein, Kopftuch: nicht unbedingt, Dönerbude: gerne.“
Frank Motz, ACC Galerie Weimar
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