Göran Gnaudschun

Alexanderplatz

2010-2013

Auf dem Berliner Alexanderplatz treffen sich die, deren Leben aus dem Gleis geraten ist. Es sind die, die anders geworden sind, oft ohne dass sie es wollten. Sie kommen mit den Rastern der Gesellschaft nicht klar, sind unfähig, deren Regeln zu akzeptieren.

Einige sind Punks, Skinheads oder haben sich eine andere Schutzidentität zugelegt. Manche würden im normalen Straßenbild nicht weiter auffallen, außer dass sie viel Zeit zu haben scheinen. Etliche sind wohnungslos oder ohne jedes Obdach. Immer wieder sind welche von ihnen in Haft, viele nehmen Drogen, alle trinken sehr viel. Der Alexanderplatz ist für diese Menschen eine Heimat, sie entkommen so der Vereinsamung und holen sich ihren Teil Geborgenheit, wenngleich auch Zärtlichkeit und Gewalt eng beieinander liegen.

Diese Menschen passen in die Raster der normalen Gesellschaft nicht hinein: weder in die der Arbeitswelt und oft auch nicht in die der sozialen Fürsorge. Kaum einer ist in Berlin aufgewachsen, viele wollten aus der Provinz fliehen, möglichst weit weg: neu sein, anonym sein, die weite Welt ohne einen Cent in der Tasche erleben. Einige treiben sich immer für mehrere Monate in anderen Großstädten Deutschlands herum, andere wollten noch weiter, aber sitzen schon seit Jahren auf dem „Alex“.

Göran Gnaudschun (*1971 in Potsdam) studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Prof. Timm Rautert. Als freier Fotograf entwickelt Gnaudschun seine Themen in größeren Werkserien, bei denen die Vorgänge hinter oder außerhalb der Bilder mindestens so wichtig sind wie die Fotografien selbst.

Elke Jarm

Homepage von Göran Gnaudschun