Adidal Abou-Chamat
Dreaming of...
DieTanzserie „Dreaming of...“ thematisiert kulturelle Gegensätze und provoziert die damit verbundenen Vorurteile. In der mehrteiligen Fotoserie übt eine Tänzerin in schwarzer Abaja und Niqab, die extremen Positionen des klassischen europäischen Balletts ein. Eingehüllt in Abaja und Niqab, die Körper und Gesichtsfeld bis auf die Augenpartie komplett bedecken, führt die Tänzerin den Spagat, Übungen am Barren und die hoch formalisierten Grundpositionen des klassischen Balletts vor. Die weit verbreitete Vorstellung, Abaja und Niqab würden den Körper negieren und einschränken, wird durch die Konfrontation mit den eng anliegenden, rosafarbenen Spitzenschuhen, in die die weiblichen Füße hineingepresst werden, offensichtlich in Frage gestellt. Welche Kultur unterdrückt und diszipliniert den Körper mehr? Die arabische mit der Verhüllung des Körpers, oder die europäisch westliche, mit ihrer Normierung, die gerade am klassischen Ballett am deutlichsten sichtbar wird: das klassische Ballett organisiert den Körper im Raum nach vorgegebenen Schemata, die häufig geometrischer Natur sind. Für letzteres stehen extreme Grundposition und Körperbewegung wie das „ En dehors“, das Auswärtsdrehen der Beine aus dem Hüftgelenk oder die unorganische Figur der „Arabeske“. Ähnlich wie der arabische Kleiderkanon des Verhüllens und Verbergens, erzeugt auch das optisch zwar körperbetontere Ballett ebenfalls „mit Ideologie aufgeladene Zeichen, welche Vorstellungen von Schönheit, Moral und... Vernunft in sich bergen.“
Susanne Jakob