Rose Stach

Rose Stach „Bombenteppich“ aus der Serie War Carpets

Künstlerisch beziehen die „War Carpets“ ihren spezifischen Charakter aus der Spannung, die zwischen den als Bildgrund benutzten Orientteppichen und den gewählten Bildmotiven kriegerischer Auseinandersetzungen entsteht. Mittels einer ebenso einfachen wie wirkungsvollen Technik legt die Künstlerin mit schwarzer Farbe eine Negativschablone über die Orientteppiche, so dass sich die kriegerischen Bildgegenstände gleichsam positiv herausschälen.
Verweisen die Orientteppiche auf den geschützten Raum des Privaten, auf den behüteten Ort familiärer Wärme oder auch auf den feierlich-zeremoniellen Innenraum eines Gebetshauses – allesamt Orte, die dem Schmutz des geschäftigen Alltags entzogen sind –, so signalisieren die von Stach herausgearbeiteten Waffenmotive unverhohlene Gewalt, wie sie – brutal und kalt – in schmutzigen Szenarien von eskalierenden Konflikten, zynischen Terroranschlägen oder asymmetrischer Kriegsführung vorherrscht. Wer sich allerdings zu dem unbedarften Schluss verleiten lässt, die Gewalt im Nahen und Mittleren Osten folge einem wiederkehrenden „orientalischen“ Muster, wird alsbald auf den eigenen eurozentristischen Standpunkt zurückgeworfen.
Die „War Carpets“ von Rose Stach machen mit ihrer so arabesken Musterung auf verstörende Art und Weise auf diesen Zusammenhang aufmerksam. Allein schon der bedrohlich schwarze Bildhintergrund scheint dem so behaglichen Alltagsgegenstand eines orientalischen Teppichs jede Unschuld zu nehmen, zumal er die Schablone bildet für eine tödliche Logik des Krieges – eine Spirale der Gewalt, bei der es müßig ist danach zu fragen, wer denn den ersten Stein geworfen hat.

Dr. Karl Borromäus Murr

 

Rose Stach „Ich wasche meine Hände in Unschuld“

Das in Grau gewebte Textil trägt ein wiederkehrendes grobes Muster, das sich aus Zahlen bildet. Diese in einem Violett gehaltenen Zahlen stellen nichts anderes dar als stark vergrößerte Nummern, wie sie im Konzentrationslager Auschwitz seit 1942 zur Kennzeichnung vor allem den jüdischen Häftlingen auf deren Unterarme tätowiert worden sind. Allein die bloß numerische Kennzeichnung, die den KZ-Häftlingen mit ihrem Namen ihre Individualität und Würde raubte, bedeutete eine ungemeine Degradierung des Menschen zu rein administrativen Nummern. Das beispiellose Verbrechen des Holocaust erfährt allerdings in seiner bis in die Gegenwart immer wieder feststellbaren Verdrängung oder gar Verleugnung eine zynische Steigerung. Sich der erinnernden Verantwortung für den Holocaust zu stellen, bedeutet bis heute eine besondere deutsche Herausforderung, der sich nach wie vor viele Menschen allzu leicht entziehen.
Stachs Handtuch, das mit seiner grauen Grundfarbe auf das Aussehen von KZ-Kleidung verweist und das mit dem Violett der Nummern die Mischung von Blut und Tinte suggeriert, offeriert mit dem Zitat der berühmten Pilatus-Worte eine scheinbar einfache Lösung: dass der Mensch seine Schuld schlichtweg abwaschen – und damit ungeschehen und vergessen machen – kann.
Stach stellt der „Unschuld-Seife“ von Ottmar Hörl gleichsam das passende Handtuch zur Seite – nur dass derjenige, der sich seine Hände mit Verbrechen, Verleugnung oder Vergessen schmutzig gemacht hat, sich in der symbolischen Reinigung neuerlich befleckt – mit dem Blut seiner Opfer, das sich nicht mehr aus dem Handtuch entfernen lässt.

Dr. Karl Borromäus Murr

 

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